Vortrag mit Dr. Wolfram Hennies, Stolberg
Jahresvortragsreihe 2022 des Stadt- und Regionalmuseums Perleberg
Im Rahmen der Museumsvortragsreihe referiert Dr. Wolfram Hennies aus Stolberg im Harz am Dienstag, dem 11. Oktober 2022 um 19:00 Uhr im Stadt- und Regionalmuseum Perleberg über die „Auswirkungen der Industrialisierung auf das ländliche Bauwesen im Kaiserreich“. Dr. Hennies ist in der Prignitz kein Unbekannter. Er war vor 1990 langjähriger Mitarbeiter im Stadt- und Regionalmuseum Perleberg und hat sich als freischaffender Publizist in den zurückliegenden 30 Jahren vor allem Themen der ländlichen Geschichte der Prignitz gewidmet. Ungezählt sind seine Fachbeträge für die Märkische Allgemeine Zeitung, die Perleberger Hefte sowie das Magazin „Prignitzer Heimat“. 2020 legte er mit dem voluminösen und viel beachteten Band „Geschichte der Prignitzer Landwirtschaft“ die Ergebnisse seiner mehr als 40-jährigen Forschungen vor.
Eine Industrialisierung auf den Dörfern in der Prignitz hat es kaum gegeben, sieht man von den wenigen Betrieben ab, die als Verarbeitungsorte ländlicher Rohstoffe und Produkte dafür seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts als Beleg stehen könnten. Dazu gehören u. a. die architektonisch sehr ansprechenden und qualitätsvoll ausgeführten Bauwerke für die verschiedenen technischen Gewerke, insbesondere die Brennereien in Wolfshagen, Laaske und Kletzke; die Stärkefabrik in Dallmin; die Ziegeleien in Streesow, Groß Werzin, Dargardt und Abbendorf. Außerdem sind im weiteren Sinne auch die Molkereien u. a. in Rohlsdorf, Krampfer, Lockstädt, Grube und Dergenthin sowie die Dampfmühle in Cumlosen, die Dampfsägewerke in Karstädt und Glöwen, die Dachpappenfabrik in Glöwen, die Zementwarenfabrik in Eldenburg, die Kalksandsteinfabrik in Glöwen hinzuzuzählen. Ebenso war die Förderung von Braunkohle bei Schönholz und Rambow bei Kleinow eine Folge der Industrialisierung im ländlichen Raum.
Gravierender waren dagegen auf den Dörfern die Auswirkungen der sich vor allem in den Städten vollziehenden Industrialisierung spürbar. Die Veränderungen vollzogen sich langsam und waren von Dorf zu Dorf verschieden. Aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Dorf in der Prignitz nicht mehr das, was es noch 50 Jahre vorher gewesen war. Statt auf Landwegen kam man nun mit der Eisenbahn oder auf gepflasterten Straßen dorthin. Neben strohgedeckten Fachwerkbauten sah man jetzt zunehmend stattliche mit Back- oder Kalksandstein massiv aufgemauerte Wohn- und Wirtschaftsgebäude, die mit Dachziegeln, Schiefer oder Dachpappe gedeckt waren. Anstatt die anfallenden landwirtschaftlichen Arbeiten mit vorwiegend hölzernen Geräten zu verrichteten, wurden nun Maschinen und eiserne Geräte eingesetzt. Anstatt sich völlig autark auf dem Bauernhof zu versorgen, kaufte man auch beim „Kolonialwarenhändler“ und ließ Dienstleistungen zunehmend von in den Städten und auf den Dörfern ansässigen Handwerkern verrichten. Das Leben im Dorf war nach der kurzen Zeitspanne von 50 Jahren ohne Industrieerzeugnisse kaum noch vorstellbar. Die ländliche Baukultur jener Epoche prägt bis heute die Prignitzer Kulturlandschaft.
Kommen Sie gerne vorbei, wir freuen uns über Ihre Anmeldung. Der Eintritt kostet für den Abend 5 Euro, ermäßigt 3 Euro. Bitte melden Sie sich für eine bessere Planung vorher unter der Telefonnummer (03876) 781 422 oder per E-Mail unter an.
Bild zur Meldung: Dr. Wolfram Hennies | Reckenzin: Drillmaschine aus der Zeit um 1900
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