Filmpremiere „Phantomschmerz Heimat“ in Perleberg
Ein 2021 entstandener Dokumentarfilm mit Zeitzeugengesprächen über das Thema Enteignungen 1945 ff. steht am Dienstag, den 24. Mai 2022 um 18 Uhr im Mittelpunkt einer gemeinsamen Veranstaltung des Stadt- und Regionalmuseums Perleberg mit der Fördergemeinschaft Recht und Eigentum e. V. im Perleberger Jugend- und Freizeitzentrum in der Wittenberger Straße 91/92.
Der 90-minütige Dokumentarfilm „Phantomschmerz Heimat“ (Regie und Kamera Mathias Neubert von Artbotschaft), der hier erstmals öffentlich vorgeführt wird, beschäftigt sich mit sehr unterschiedlichen Schicksalen der Verfolgung, Vertreibung und Enteignung in der Zeit von 1945 bis 1949 innerhalb der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Der Film bietet erstmals eine Zusammenfassung von Zeitzeugenberichten betroffener Opfer jener Enteignungs-Politik, die bis heute immer noch als „demokratisch“ verklärt wird, in Wirklichkeit aber schreiendes Unrecht war und in keinem einzigen Fall einem wirklich demokratischen Verfahren entsprach.
Vor und nach der Filmvorführung haben die Teilnehmer der Veranstaltung Gelegenheit, u. a. mit dem Protagonisten des Filmprojektes und Vertreter der Fördergemeinschaft Recht und Eigentum e. V., Manfred Graf von Schwerin, ins Gespräch zu kommen. Der amtierende Museumsleiter Torsten Foelsch führt in die Veranstaltung ein. Ute Meesmann die das Entstehen des Films fachlich begleitet hat, moderiert die Veranstaltung.
Wir freuen uns über Ihre Anmeldung. Der Eintritt ist kostenfrei. Bitte melden Sie sich für eine bessere Planung vorher unter der Telefonnummer (03876) 781 422 bzw. -421 oder per E-Mail unter museum@stadt-perleberg.de an.
Bis heute wirken die Ergebnisse der Zwangsenteignungen und Vertreibungen von Alteigentümern, die 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands durchgeführt wurden und die Wirtschafts-, Eigentums- und Sozialstruktur in den betroffenen Ländern radikal veränderten, nach. Die Folgen sind vielfach noch heute sichtbar und werden besonders deutlich, wenn man an die vielen verfallenen Gutshöfe, verwaisten alten Herrenhäuser und verwilderten Parkanlagen denkt, die einst das Land prägten. Bei der sogenannten demokratischen Bodenreform ging es nicht nur um die Enteignung und Vertreibung von alteingesessenen adligen Gutsbesitzerfamilien, sondern zu einem überwiegenden Anteil vor allem auch um bäuerliche und bürgerliche Betriebe, die man über Nacht enteignet und ihre Besitzer entrechtet und vertrieben hat. Es ging um die Zerschlagung alter Eigentumsverhältnisse auf dem Weg in eine kommunistische Diktatur und Planwirtschaft.
Der Film „Phantomschmerz Heimat“ schildert, so die Protagonisten des Films, mit seinen Zeitzeugen-Gesprächen sehr eindringlich die ganze Bandbreite von Verfolgungsschicksalen aus der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR. Dabei stehen Enteignungen, Verfolgungen, Vertreibungen aus den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft, der Landwirtschaft und des Handwerks im Mittelpunkt. Fehler und Versäumnisse der Epoche der Umwälzungen von 1945 bis zur deutschen Wiedervereinigung werden in ihrer Tragik und folgenrechen Nachwirkung beleuchtet.
Die Lebensgeschichten von Verfolgten und im eigenen Land Vertriebenen sprechen von Verlustschmerz, Heimatverzicht und manchmal auch von schwieriger Rückkehr und mutigem Neubeginn. Die Bilder und Stimmen noch aus erster Hand belegen die Tragweite der Erinnerung und geben einen tiefen Einblick in das Geschehen der schicksalhaften Zeit nach 1945 in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, wie sie nur aus persönlichem Erleben so eindringlich geschildert werden können. Wo entstandenes Unrecht benannt wird, belegen die Zeitzeugen, daß selbst nach drei Generationen noch Gerechtigkeit geschaffen werden kann und die Betroffenen mit ihrem Schicksal ein wenig Versöhnung erfahren. Die öffentliche Präsentation der persönlichen Berichte gibt einen Blick frei auf eine moralische und rechtliche Wiedergutmachung. Die Unrechtsbeschreibungen der Zeitzeugen gehen unter die Haut - was bleibt ist der Phantomschmerz Heimat.
Mit dieser wichtigen zeitgeschichtlichen Thematik beschäftigte sich das Stadt- und Regionalmuseum bereits im Januar 2018 im Rahmen eines vielbeachteten Zeitzeugenseminars zur Bodenreform von 1945 und der 1960 abgeschlossenen Kollektivierung der Landwirtschaft in der DDR für Gymnasiasten der 10. bis 12. Klassen. Die Ergebnisse dieses Seminars flossen überdies in die 2020/21 erfolgte Neugestaltung der Dauerausstellung zur Prignitzer Landwirtschaftsgeschichte ein.
Bild zur Meldung: Archiv Stadt- und Regionalmuseum Perleberg | 1. Propaganda-Plakat mit Aufruf zur Bodenreform im Land Brandenburg vom 3. September 1945
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