Erinnerung zum 100. Geburtstag von Hans Seiler am 11. April
Hans Seiler hat seinen 100. Geburtstag nicht mehr erleben können, dafür aber viele Gelegenheiten der Wertschätzung seiner Arbeit. In den Jahren 1955 bis 1958 war er als Kreissekretär des Kulturbundes verantwortlich für das Magazin „Unsere Heimat - Blätter aus der Prignitz“ und machte mit Text und Zeichnungen auf zahllose Schönheiten des Prignitzer Landstrichs aufmerksam, obwohl er durch den Krieg ein „Zugezogener“ war. In seiner Oberlausitzer Heimat erblickte er am 11.4.1920 das Licht der Welt, erlernte das Malerhandwerk und ging zur Weiterbildung als Schriftgestalter nach Naumburg. Der Zweite Weltkrieg unterbrach seine künstlerischen Ambitionen und 1941 zerstörte eine schwere Verwundung fast seine Hoffnungen. Was mag in ihm damals im Moment der Verletzung und im Lazarett vorgegangen sein, der am Lebensende dann doch auf fast 100 Jahre Lebenszeit zurückblicken konnte.
Nach dieser ersten Kriegserfahrung begann er an der Kunstgewerbe-Akademie Dresden eine weiterführende Ausbildung im Bereich Dekorative Malerei, während dieser er sogar zum Meisterschüler ernannt wurde. Doch er durfte nicht in der sächsischen Metropole bleiben und musste kurz vor Kriegsende erneut zur Wehrmacht einrücken. Seine Gefangennahme bedeutete das Kriegsende für den jungen Hans und eröffnete ihm zugleich „sein wertvollstes Semester“ weil er dem Künstler Conrad Felixmüller (1897-1977) begegnete. Felixmüller stammte auch aus Dresden, war Gründungsmitglied der Dresdner Sezession und vor dem Dritten Reich mehrfach ausgezeichneter Künstler, dessen Werke dem expressiven Realismus zugeordnet werden. Als die Nazis an die Macht kamen, wurden seine Arbeiten als „entartete Kunst“ herabgewürdigt und er mit seiner kommunistischen Gesinnung verfemt. Viele Werke gingen während des Krieges verloren. Gegen Kriegsende gelangte der 48jährige Künstler Felixmüller wie der 25jährige Hans Seiler in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Beiden gelang es dennoch im Lager bei Küstrin, wo sie auf einander trafen, zu zeichnen.
Nach seiner Entlassung ging Hans Seiler zu seiner Frau nach Perleberg, das ihm für die nachfolgenden 75 Jahre zur Heimat wurde. In mehr als einem Dutzend Ausstellungen zeigte er Prignitzer Landschaftsmotive, auch in Polen, Russland und Armenien. 225 Bilder sind im Perleberger Stadt- und Regionalmuseum als sein Vermächtnis aufbewahrt, darüber hinaus über 600 Zeichnungen, Skizzen und Entwürfe. Sein Aquarell „Am Ufer der Stepenitz“ von 1996 hängt im Empfangsbereich. Sein Aquarell „In der Lenzer Wische“ erwarb der rbb für seine Kunstsammlung.
Auf weitere Arbeiten des im vergangenen Jahr verstorbenen Seilers ist außerdem hinzuweisen, denn der Wahlperleberger gestaltete auch Giebelseiten von Neubauten, so in der Dobberziner Straße 4, wo ein Apfelzweig grüßt, und in der Wilsnacker Straße 16, wo der Giebel mit der stilisierten Stadtansicht geschmückt ist. Im einstigen DDR-Lehrlingswohnheim, Pritzwalker Straße 4, hat sich der ehemalige Erzieher Hans Seiler mit einem monumentalen Wandgemälde ein Denkmal gesetzt. Das Motiv ist der pittoreske Marktplatz mit dem Perleberger Roland, Rathaus, St. Jacobi-Kirche, Bürgerhäusern und Marktbuden. Wer Hans Seiler kennengelernt hat, wird in dem kleinen Dackel und der ihn führenden Dame auch einen ganz persönlichen Bezug mit einem Augenzwinkern des Künstlers erkennen, den kein Kunsthistoriker, sondern nur die Einheimischen zu deuten wissen.
Bild zur Meldung: Abbildung des Großen Marktes von Hans Seiler
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