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350. Geburtstag des Theologen Gottfried Arnold

Perleberg, den 23. 08. 2016

Denken befreit von engen Gedanken und Absichten


Die Autoren des neuesten Perleberger Heftes haben sich mit dem dichterischen Werk Gottfried Arnolds beschäftigt, um es aus Anlass seines 350. Geburtstages am 5. September der interessierten Öffentlichkeit als weitere Facette seines intellektuellen Nachlasses vorzustellen.


Die neue Broschüre ist mit „Reden vom Verborgenen“ betitelt und enthält im ersten Teil des 36 Seiten umfassenden Textes Lyrik von Gottfried Arnold. Es ist ein Glücksfall, Originalzeilen aus der Feder Arnolds und dazu die Interpretationen des Literaturwissenschaftlers Dr. Roger Friedrich (Schweiz) lesen zu dürfen, denn die Auswahl der Arnold-Gedichte ist keine leichte Kost.


Dass dieser Lesestoff aber von höchstem Genuss ist, vermittelt auch der zweite Teil der Broschüre, worin Auszüge einer nahezu dreistündigen Predigt abgedruckt sind. Bisher überwiegen die wissenschaftlichen Untersuchungen des schriftlichen Nachlasses aus theologischem Blickwinkel. Mit Schulwesen (1995 standen Arnolds Bemühungen um Verbesserungen im Schulwesen im Mittelpunkt einer Perleberger Broschüre) und Dichtkunst (Arnold hat auch zahlreiche Kirchenlieder verfasst) trägt Perleberg neue Facetten in die Arnold-Rezeption ein.


Gottfried Arnold kam am 05.09.1666 in Annaberg zur Welt, erwarb vielseitiges Wissen, die Doktorwürde und einen Lehrstuhl als Universitätsprofessor, bevor er 1707 an der Perleberger St. Jacobikirche die Pfarrstelle sowie das Amt des Superintendenten annahm. Arnolds Lebenskreis vollendete sich bereits im Altern von 47 Jahren am 30.05.1714 in Perleberg. Auf seinem Lebensweg durchlebte er auf seiner Suche nach Wahrhaftigkeit im Glauben auch ernsthafte Krisen. Aufrichtigkeit und Bescheidenheit im Lebenswandel prägten ihn und seine theologische Ausstrahlung, der sich seine Dichtkunst, wissenschaftliche Forschung und Veröffentlichungen, darunter sein Hauptwerk „Kirchen- und Ketzerhistorie“, sowie praktizierende Seelsorge in seiner Perleberger Gemeinde unterordneten.


So sind auch die Auszüge seiner „Sündfluth-Predigt“ im jüngsten Perleberger Heft ein beeindruckendes Beispiel seiner Geisteshaltung und Ausdrucksweise. Seine Worte sind strenge Mahnung und mitfühlender Trost gleichermaßen und berühren noch heute. Der amtierende Superintendent des Kirchenkreises Prignitz, Daniel Feldmann, hat in der Broschüre eine Nachbetrachtung beigefügt, indem er auf gelungene Weise Historisches und Gegenwärtiges verknüpft. Der Lesestoff dürfte damit auch Menschen ansprechen, die zu Kirche und christlichem Glauben Abstand fühlen. Im Vorfeld des Reformationsjubiläums im kommenden Jahr werden Glaubensfragen vermehrt im öffentlichen Bewusstsein bewegt werden. Im Jahre 2017 stehen aus Anlass des Reformationsjubiläums im Kulturland Brandenburg „Luther und die Folgen. Reformation in Brandenburg (AT)“ im Mittelpunkt vieler Betrachtungen, worauf dieses Perleberger Heft bereits hinführt.

 

Während der Arbeiten an diesem Perleberger Heft passierte im Frühsommer 2016 genau das anderenorts wieder, was dem Prediger Gottfried Arnold 1709 Anlass gab für die sogenannte Hochwasser-Predigt. Wassermassen rissen Schneisen in Wohngebiete, sie hinterließen Schrecken und Verwüstung in Süddeutschland. Wir erinnern uns noch an die Bilder zerstörter Häuser und verstörter Menschen. Auch die jüngsten Elbe- und Oderhochwasser sind noch in lebendiger Erinnerung. Nach einem vergleichbaren und dennoch unbeschreiblichen Unglück am 15. Februar 1709 mit Eis- und Wassermassen sah sich der evangelische Pfarrer Gottfried Arnold in der St. Jacobikirche besonders aufgefordert, seiner Gemeinde Trost und Hoffnung zuzusprechen, denn Unfassbares war geschehen. Erklärungen wurden gesucht, Schlüsse gezogen.


Was tröstet, was orientiert, was schafft Zuversicht? Antworten zu diesen allgegenwärtigen Fragen sucht der Theologe Feldmann in der Predigt Arnolds ebenso wie der Publizist Friedrich in der Lyrik Arnolds. Der Leser ist auf diese Sinnsuche herzlich eingeladen. Womöglich regt das neue Perleberger Heft dazu an, denn Denken befreit von engen Gedanken und Absichten.


Das Heft wurde vom Bürgerverein Perleberg e.V. dankenswerter Weise finanziert. Auf besonders charmante Weise entbietet auch der Hauptautor Dr. Roger Friedrich, welcher wie alle Autoren der Perleberger Hefte sein Manuskript honorarfrei zur Verfügung stellte: „Lob und Dank für die schöne Broschüre, gewiss auch im Namen meiner verehrten Mitautoren Arnold und Feldmann. Der Dank gilt natürlich auch und erst recht der Stadt Perleberg für die Initiative, der bedeutenden Persönlichkeit zu gedenken, die uns als Mensch so nahe geht.“


Das Perleberger Heft ist in der Stadtinformation, Großer Markt 12 für 2,50 € erhältlich.

 

Bild zur Meldung: Cover: Perleberg Heft Nr. 15

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