Erinnerung an Rudolf Bosselt
Uwe Gellner, Sammlungskurator im Kunstmuseum Koster Unser Lieben Frauen Magdeburg erzählt als profunder Kenner den Werdegang des späteren Kunstprofessors Rudolf Bosselt, der am 29.6.1871 in Perleberg das Licht der Welt erblickte. Dessen 145. Geburtstag ist nun Anlass, ihn in der Reihe Erinnerungsblättchen vorzustellen. Bosselts Vater war in Perleberg Restaurateur (Gastwirt) und stammte aus Breslau, seine Mutter stammte aus Potsdam. Seine Ausbildung absolvierte der junge Mann als Ziseleur in einer Bronzegießerei in Berlin. Seine besondere Begabung veranlasste seinen Lehrmeister und Besitzer der Bronzegießerei Otto Schulz, dem 16jährigen Abendunterricht an der Königlichen Kunstschule zu finanzieren. In Frankfurt konnte er ab 1891 sein Kunststudium fortsetzen. Ein Aufenthalt in Paris folgte. In Darmstadt engagierte er sich bei der Gründung der Künstlerkolonie und erlangte 1903 die Berufung zu einer Professur an der dortigen Kunstgewerbeschule. 1911 bis 1924 leitete er als Direktor die Magdeburger Kunstgewerbe- und Handwerkerschule. Er brachte dort die Programmatik des Deutschen Werkbundes ein und prägte als Reformer und Pädagoge die Ausbildung fortan durch Naturstudium, Individualität und Handwerklichkeit. Als Medailleur und Kleinplastiker hatte er sich bis dahin bereits einen Namen gemacht, die Anerkennung als Bildhauer erlangte er im neuen Kaiser Friedrich Museum.
Mit der Berufung von Bruno Taut als Stadtbaudirektor in Magdeburg erwuchs ihm ein Gegenspieler im Ringen um Lehrmeinungen, in Folge dessen Bosselt 1928 bis 1931 nach Brauschweig an die Kunstgewerbeschule als Direktor wechselte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Bosselt in Berlin, wo er am 2.1.1938 starb. Uwe Gellner resümiert: Erfolgreich als Erneuerer der Medaillenkunst, als Reformpädagoge und Bildhauer, steht Bosselt für das Ende des 19. Jahrhunderts und den Neuanfang, bleibt dann jedoch künstlerisch auf der Schwelle ins 20. Jahrhundert stehen. Sein Werdegang ist nicht untypisch in dieser Zeit, für jemanden, der aus einfachen Verhältnissen stammt, dagegen außergewöhnlich.
Auf der Rückseite des Erinnerungsblättchen Nummer 36 wird ein zeitgleiches Perleberger Gebäude in der Berliner Straße 11 vorgestellt, das zu Beginn des 20. Jahrhundert errichtet wurde und eben diese stilistischen Brüche an seiner Fassade aufweist, die zu jener Zeit den Übergang von Gründerzeitmotiven und Jugendstilornamentik verkörpert. Die Formensprache war nur die äußere Erscheinung einer heftig geführten Debatte über alte und neue Inhalte der Kunst.
Die Erinnerungsblättchen sind in der Stadtinformation Perleberg, Großer Markt 12 erhältlich.
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